Reisen mit Migräne

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Ich reise sehr gerne. Aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, mir nicht bei der Planung jeder Reise leichte Sorgen um die Migräne zu machen. Wie anstrengend ist die Anreise? Wie ist das Klima vor Ort? Wie die ärztliche Versorgung? Kann ich meine Medikamente einfach mitnehmen? Seien wir ehrlich – Reisen können für uns Migräniker zur Herausforderung werden. Anstrengende Flüge, Bahn- oder Autofahrten, fremde Betten, unregelmäßige Mahlzeiten, anderes Klima und im schlimmsten Fall auch noch Zeitverschiebung. Ein Feuerwerk an Migränetriggern. Aber deswegen aufs Reisen verzichten? Nö!

Gute Vorbereitung ist alles

Okay, zugegeben, so sorglos wie manch anderer können wir in der Regel nicht verreisen. Aber das kennen wir ja schon aus anderen Lebenslagen. Wie fast immer heißt die Zauberformel: Gute Vorbereitung! Dein Notfalltäschchen sollte reichlich mit deinen Akutmedikamenten gefüllt sein. Vor allem auf Reisen eignen sich Triptane besonders gut in Form von Nasenspray, Schmelztablette oder Inject. Führt die Reise dich in andere Länder, dann achte darauf, eine Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Ich musste zum Beispiel schonmal in einem Spanien-Urlaub den Service des Hotelarztes nutzen, weil ich von einem schlimmen Migräneanfall heimgesucht wurde. Das ausgelegte Honorar erhielten wir später ohne Probleme von der Auslandskrankenversicherung zurück.

Kräfte einteilen

Im Urlaub möchte man oft ganz viel sehen, ausprobieren und genießen. Doch als Migräniker solltest du trotzdem immer wieder Ruhepausen einplanen. Vor allem in heißen Ländern ist es gut, während der Mittagszeit im kühlen Zimmer zu bleiben und sich vielleicht etwas Schlaf zu gönnen. Bei Städtereisen ist das oft natürlich nicht möglich. Aber vielleicht findest du ein ruhiges Café oder Restaurant oder ein schönes Plätzchen in einem Park. Wenn du die Wahl hast, mache lieber jeden Tag eine oder zwei Aktivitäten und nicht alles an einem Tag.

Eine besondere Herausforderung sind meistens die An- und Abreise, egal mit welchem Transportmittel.

Flugreisen

Flugreisen finde ich immer besonders aufregend. Ich habe zwar keine Flugangst, aber man gibt ja zusammen mit dem Gepäck auch ein bisschen die Kontrolle ab. Zwischendurch aussteigen ist halt einfach nicht. Daher solltest du deine Medikamente für die gesamte Reisezeit möglichst im Handgepäck transportieren, um zum einen beim Aufkommen von Migräne frühzeitig etwas einnehmen zu können und andererseits im Fall eines Kofferverlustes nicht ohne dazustehen.

Wichtig: Erkundige dich zuvor über die Einfuhrbestimmungen des Ziellandes. In einigen Ländern ist ein Attest vom Arzt nötig, dass diese Medizin für dich persönlich bestimmt ist. Von besonderer Bedeutung ist das bei Injects, da sie als spitze Gegenstände strengen Auflagen im Reiseverkehr unterliegen. Bei der Handgepäckkontrolle musst du die Medikamente in der Regel in einem kleinen wiederverschließbaren Plastiktütchen gesondert vorzeigen.

Proviant nicht vergessen!

Wenn du in Deutschland oder anderen Ländern mit qualitativ gutem Trinkwasser startest, kannst du  eine wiederauffüllbare Wasserflasche mitnehmen. Einfach vor dem Security-Check leeren (mittlerweile gibt es ja Flughäfen, wo das nicht mehr nötig ist, an den meisten aber doch) und danach mit Leitungswasser wieder auffüllen. Ansonsten erhält man in der Regel aber ja auch im Wartebereich vor den Gates immer kaufbare Getränke. Denke daran, dass es bei vielen Fluggesellschaften während des Fluges keine kostenlose Verpflegung mehr gibt!

Autoreisen

Bei Autoreisen bist du etwas flexibler und kannst selbst deine Pausen einteilen. Kalkuliere daher so großzügig, dass dafür genug Zeit bleibt. Das gilt besonders, wenn du selbst fährst. Bei sehr langen Strecken solltest du daher lieber eine Übernachtung mit einplanen, um am nächsten Morgen ausgeruht weiterfahren zu können. Keinesfalls solltest du mit Migräne oder unter Medikamenteneinfluss fahren.

Denke daran, dass es nicht in jedem Land gut sortierte Raststätten gibt. Außerdem kann man ja auch immer mal in einen Stau kommen. Daher lieber zur Sicherheit eine Kühltruhe mit deinen Lieblingssnacks im Kofferraum mitnehmen.

Bahnreisen

Gemütliche Bahnreisen können für Migräniker oft die entspannteste Reisemethode sein. Vorausgesetzt, es gibt keine Verspätungen, Zugausfälle oder zu viele Umstiege. Versuche daher, möglichst Direktfahrten zu buchen, bei denen du wenig Stress durch Umsteigen hast. Reserviere dir außerdem bereits zuvor einen Sitzplatz, vielleicht sogar im Ruheabteil. Stundenlange Fahrten im Stehen sind für uns Migräniker nicht besonders gut.

Wie immer: Halte deine Medikamente griffbereit und sorge für genug Reiseproviant. Denn aufs Bordrestaurant ist leider auch nicht immer Verlass.

Packliste für Migräniker

  • Triptane
  • ggf. andere Schmerzmittel wie Naproxen, Novalgin usw.
  • Antiemetika wie Vomex, MCP, wenn du Migräneanfälle mit Erbrechen hast
  • deine bewährten Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, Vitamin B2, Coenzym Q10
  • Kühlpacks (wenn du einen Kühlschrank vor Ort hast. Ansonsten gibt es die klassischen Beutel, die man mit kaltem Wasser oder Eiswürfeln befüllen kann) oder Einmal-Kühlpacks
  • Notfalltäschchen für die Reise
  • evtl. dein eigenes Kopfkissen, wenn du anfällig für Verspannungen bist
  • ggf. Atteste für deine verschreibungspflichtigen Medikamente
  • für Urlaub in warmen Ländern Sonnenbrille, Kopfbedeckung
  • deine persönlichen Migräneskills wie Kopfmassagegerät, Pfefferminzöl oder Schlafbrille

Fernreise mit Migräne?

Fernreisen sind für Migräne-Muggels schon anstrengend, aber für uns wirklich an der oberen Belastungsgrenze. Ich habe es 2022 trotzdem gewagt, wir urlaubten in der Dominikanische Republik.

Ich hatte mir viele Gedanken gemacht, ob und wie ich meine Medikamente mitnehmen kann. Vom Arzt hatte ich mir zwei Atteste ausstellen lassen – einmal für die Medizin im Koffer, das andere für das Handgepäck. Dort war auch mein Inject verstaut. Was soll ich sagen? Weder beim Hin- noch beim Rückflug hat sich jemand dafür interessiert. Das war also sehr angenehm.

Andererseits war ich auch besorgt, ob ich so einen 10-Stunden-Flug, die Zeitverschiebung und das tropische Klima packe. Die Flüge habe ich gut überstanden. Auf dem Rückflug, der durch die Nacht ging, hatte ich Vomex eingenommen, weil mir ein bisschen flau im Magen war. Das hatte den angenehmen Effekt, dass ich einige Stunden schlafen konnte und mir der Flug daher gar nicht so lang vorkam.

Den Jetlag empfand ich als gar nicht so schlimm. Da ich mich ja sowieso gerne mittags mal hinlege, ließ sich das damit gut ausgleichen. Ich hatte insgesamt nicht häufiger Migräne als zu Hause.

Hurrikane im Kopf

Ein realer Hurrikane suchte unsere Urlaubsgegend glücklicherweise erst heim, als wir schon wieder zu Hause waren. Während unseres Urlaubs hatte ich aber leider einen sehr gemeinen Migräneanfall. Ich hatte die ersten Anzeichen nicht ganz ernst genommen und dann wirkten Sumatriptan, Naproxen und Vomex nicht mehr. Und während vom Pool die Klänge von Merengue, Reggae und Calypso ins Zimmer wehten, lag ich mit Kopfschmerzen des Todes und starkem Erbrechen im Bett. Anfallsstärke 10 von 10 auf meiner persönlichen Skala. Gerettet hat mich dann das Sumatripan mit dem Pen. Was genau der Auslöser war, kann ich nicht sagen. Der Anfall lag in der Mitte unseres Urlaubs, also hatte nichts mit An- und Abreise zu tun. Vielleicht war es aber der allgemeine Stress der Umstände, den man ja unweigerlich mit so einer Reise hat.

Fazit: Ich würde mich wieder auf eine Fernreise einlassen. Allerdings nur dort, wo es gegebenenfalls eine gute medizinische Versorgung (Hotelarzt) gibt und in Gegenden, die auf Touristen eingerichtet sind (Essen, Klimaanlage, saubere Zimmer etc.). Notfallmedikamente sollte man auf jeden Fall dabei haben.

Ich bin Melanie, deine Komplizin im Kampf gegen die Migräne. Ich leide selbst seit fast 20 Jahren daran und habe festgestellt, dass geballtes Wissen die beste Waffe gegen unsere Erkrankung ist. An meinen Erfahrungen, Irrwegen, Tops und Flops möchte ich dich mit diesem Blog teilhaben lassen und dir dabei helfen, dein eigener Migränespezialist zu werden. Also komm einfach rein, in die Welt der Marvelous Mrs. Migraine!